Historische Dokumente
Festungsplan Magdeburg von 1688
Festungsplan von Magdeburg von 1688
Quelle: Staatsbibliothek Berlin, Sign. Kart. X 29085 -14HS
Einen Titel hat der Plan nicht, sieht man von der Bezeichnung Magdeburg ab. Als Autor weist sich Major Starcke aus, wohl ein bürgerlicher Offizier. Der Plan gehört zu mehreren zwischen 1680 und 1700 gefertigten Grundrissplänen. Er ist wie fast alle Magdeburger Festungspläne nach Westen („gewestet“) ausgerichtet. Der Große Kurfürst veranlasste den Ausbau Magdeburgs zu einer bastionierten Festung. Die Anfertigung mehrerer Festungspläne waren die Folge. Zusätzlich wurden Entwürfe zu einzelnen geplanten Werken angefertigt. Der vorliegende Plan zeigt zwar genau den Zustand von 1688, ist jedoch nicht so exakt wie andere zeitgleich entstandene Pläne gezeichnet. Vermutlich diente er lediglich zur Information. Es werden keine über den Elbverlauf, den Grundriss der Werke und dem Verlauf des Elbbrückenzuges hinausgehende Informationen gegeben. Angaben zum Stand des Baus der Zitadelle, die anderen Plänen zu entnehmen gewesen wären, fehlen. Die Turmschanze, als „H. Thurm Schantze“ bezeichnet, ist lediglich angedeutet. Sie befand sich 1688 in der Planung. Es fehlt das jahrzehntelang geschlossene und 1688 wieder geöffnete Hohepfortetor. Es wäre heute nahe der Ostseite der Kaserne Mark zu suchen. Bemerkenswert ist das „Zwiebelschalenprinzip“ der Stadtumwallung: innen die mittelalterliche Stadtmauer mit ihren Wehrtürmen, davor der frühneuzeitliche Zwinger mit seinen in den Stadtgraben hinabreichenden Wehrtürmen, der Stadtgraben und die davor befindliche Erdumwallung.   bm                                                                                                                                                                                     
Beutefestungsgeschütze auf Bocklafetten
Festungswerke
Fort Mittelwerk - Befestigung an der Eisenbahnstrecke Berlin - Magdeburg
Das „Mittelwerk“, ein Fort zum Schutze des Streckenabschnittes Magdeburg-Friedrichstadt – Betriebsbahnhof im Klosterbergegarten der Strecke Berlin – Magdeburg der Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbahngesellschaft.
Das Fort „Mittelwerk“ wurde im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbau in den 1840er Jahren errichtet und zwar zum Schutze des Streckenschnittes Friedrichstadt – Klosterbergegarten. Der Abschnitt wurde 1848 in Betrieb genommen und 1893 entwidmet. Zwischen 1849 bis 1873 vollzog sich auf ihm der durchgehende Reisezugverkehr Berlin – Magdeburg - Köln-Deutz.
Die Eisenbahnstrecken wurden zu Beginn des Eisenbahnbaus entweder in die Festungen eingeführt oder hatten außerhalb des Rayons zu enden. Für Magdeburg entschied man sich für die Einführung in die Umwallung. Da dafür keine Flächen zur Verfügung standen, wurde eine solche durch Aufschüttungen entlang der Stromelbe (Schleinufer) vor dem Fürstenwall für die Magdeburg-Leipziger Eisenbahngesellschaft 1839/1840 geschaffen und ein Bahnhof angelegt. Die Berlin-Potsdam-Magdeburger und die Magdeburg-Halberstädter Eisenbahngesellschaft wurden veranlasst, diese Anlagen mitzubenutzen.
Die Strecke Berlin – Magdeburg wurde zwar in die Friedrichstadt, der umwallte ostelbische Brückenkopf, eingeführt, jedoch nach Überbrückung der Alten Elbe vor den Festungswerken entlanggeführt und durch neu geschaffene Festungswerke gesichert. Das wichtigste und zu- gleich zentrale Werk war das Fort Mittelwerk, das wohl wegen seiner Lage diese Bezeichnung erhalten hat. Zu ihrem weiteren Schutz wurden auf der Elbinsel vor dem Stromelbe- und dem Alte-Elbe-Ufer, als „Flügelwerke“ bezeichnet, Lünetten, quasi kleine Forts, errichtet.
Zum Schutze vor der Umwallung befindlicher Eisenbahnanlagen wurde in den ersten Jahren des Eisenbahnbaus auf einen damals „gängigen“ Forttyp zurückgegriffen: ein von Graben und Wall umschlossener fünfeckiger Innenhof. Kehlseitig wurde ein aufwändiges Reduit als ein mehrgeschossiger und beschusssicherer Kasemattenbau angeordnet, in den sich die Mannschaft zurückziehen konnte. Neben dem Reduit befand sich der Zugang zum Fort. Der Graben war mithin mit Kaponnieren (Grabensperren) versehen, die über Wallpoternen (Tunnel) zu erreichen waren. Solche sind in Magdeburg nicht nachzuweisen
Durch die gewählte Führung der Eisenbahnstrecke durch den sog. Kommandantenwerder  musste die Stadterweiterungsplanung, nämlich die Stadterweiterung auf den Rotehorn und die Verlegung der Strombrücke elbaufwärts, fallen gelassen werden, denn vor dem Mittelwerk war ein freies Schussfeld zu sichern. Hinzu kamen Bedenken hinsichtlich der Gewährleistung des Hochwasserschutzes, ausgelöst durch Elbhochwasser der 1840er Jahre. (siehe Beitrag zum „Historischen Stadt- und Festungsplan“ in dieser Ausgabe)
Das zwischen 1845 und 1848 geplante und ausgeführte Fort Mittelwerk und die beiden Flügelwerke wurden 1891 einschließlich der Rayonbeschränkungen (Rayon I und II) als Wehranlage aufgegeben. Das Mittelwerk und das östliche Flügelwerk blieben jedoch als Artilleriedepots weiterhin in militärischer Nutzung, ehe die Stadt Magdeburg das Gelände erwarb. Das Fort wurde schrittweise vom Eigentümer beseitigt. Es ist davon auszugehen, dass die Erdstoffe der Wallabschnitte zur Verfüllung des Grabens dienten. Die Massivbauwerke wurden abgetragen. Dadurch ging das Fort als zu schützendes Festungswerk verloren. Nicht auszuschließen ist, dass unter der derzeitigen Geländeoberkante noch Bauwerks-, Mauer- und Grabenreste zu finden sind.
Das Fort C in Minden, errichtet zum Schutze des außerhalb der Umwallung liegenden Bahnhofs Minden entspricht weitgehend dem einstigen Fort in Magdeburg. (siehe Abbildungen)               bm                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     
Lageplan des Forts Mittelwerk (um 1880)
Plan
Lageplan des Forts Mittelwerk (um 1880)
Kehlseitige Ansicht des Forts Mittelwerk, linker Teilbereich.  
Quelle: Preuß. Kulturbesitz, Sign. E 70983
Kehlseitige Ansicht des Forts Mittelwerk, linker Teilbereich.
Kehlseitige Ansicht des Forts Mittelwerk, linker Teilbereich.
Quelle: Preuß. Kulturbesitz, Sign. E 70983
Festung Minden, Fort C, Zugangsbereich von Norden mit einer neuzeitlichen Brücke über den Graben (2016)
                                                                                          Foto: sas
Festung Minden, Fort C
Festung Minden, Fort C, Zugangsbereich von Norden mit einer neuzeitlichen Brücke über den Graben (2016)
Foto: sas

Historischer Festungsplan

Erläuterungen zum Plan:
„Magdenbúrg  Durch Accord von denn Kayserisch: und Chur=Sächsischen wider erobert, den 3.  13. Monats Julii 1 6 3 6“
Der geostete Plan ist eine der bemerkenswertesten Darstellungen einer erfolgreichen Belagerung einer Festung im 30jährigen Krieg. Er ist eine umfassende Dokumentation fast aller mit einer Belagerung verbundenen Umstände, dargestellt am Beispiel Magdeburg. Dabei wird auf konkrete Begebenheiten Bezug genommen, ohne dass das auf den ersten Blick immer zu erkennen ist. In wessen Auftrag der Plan, der vor allem die Anstrengungen der Belagerer dokumentiert, entstanden ist, kann nicht gesagt werden.
Der historische Hintergrund ist, dass eine schwedische Garnison den strategisch wichtigen Punkt an der Mittelelbe seit 1632 besetzt hält und dieser durch kaiserliche und kursächsische Truppen wieder genommen werden soll. Das Kurfürstentum Sachsen wechselte im Sonderfrieden zu Prag von 1635 in das kaiserliche Lager über und bekam dafür die Markgrafentümer Ober- und Niederlausitz als böhmisches Lehen und Ämter des Erzstifts Magdeburg, z.B. das Amt Burg bei Magdeburg, zugesprochen, was ihm im Westfälischen Frieden bestätigt wurde. Das genannte Amt wurde übrigens 1688 an das Kurfürstentum Brandenburg veräußert. Hinzu kam, dass der Sohn August des sächsischen Kurfürsten auf Lebenszeit zum Administrator, d.h. Landesherr, des Erzstiftes bestimmt wurde. Die Kursachsen belagerten aus diesem Grunde 1636 zusammen mit kaiserlichen Streitkräften - quasi unter dem Motto „koste es, was es wolle“ – Magdeburg, um es den Schweden zu entreißen und sich dauerhaft darin festzusetzen. Sie konnten schließlich der sächsisch-kaiserlichen Koalition nicht standhalten und übergaben Magdeburg an sie. Das ehemalige Erzstift Magdeburg, nunmehr als Herzogtum Magdeburg bezeichnet, ging schließlich 1680 an das Kurfürstentum Brandenburg über.
Der Plan gibt die topographische Situation Magdeburgs exakt wieder. Die ostelbische Auenlandschaft ist mit der Signatur von Bäumen angedeutet, während westelbisch eine landwirtschaftliche Nutzung durch die Signatur für Felder zu erkennen ist. Das Binnendelta der Elbe im heutigen Magdeburger Stadtgebiet entspricht seinem damaligen Zustand. Auf den Flussinseln sind als „Der Feinds werck unbesetzt.“ die zur Verteidigung der Stadt 1630/1631 angelegten Erdwerke wiedergegeben. Nichts erinnert jedoch an die in den zurückliegenden Kriegsjahren zerstörten Städte Sudenburg und Neustadt, die sich unmittelbar vor der Umwallung erstreckten und teils abgerissen und teils zerstört wurden. Sie waren dem Erdboden gleichgemacht worden.
Die Annahme, dass der Stich Magdeburg als leere, unbesiedelte Fläche, die nur noch wegen ihrer Festungsanlagen von strategischer Bedeutung gewesen ist1) darstellt, verkennt die mit dem Plan verfolgte Aussage, auch wenn die von den Wehranlagen umschlossene Stadt lediglich als Stadt und Vestung Magdeburg bezeichnet wird.  Magdeburg war 1636 weder unbesiedelt noch völlig unbebaut. So war die Domfreiheit weitgehend unzerstört geblieben und der Wiederaufbau war im Gange.
Die Truppengattungen der Belagerer mit ihren jeweiligen Standorten sind exakt gekennzeichnet, z.B. Churfürstlich und Keyserisch Infanterei und Regiment zu Pferde (Lager, linker Rand oben). Hinzu kommen die nicht besonders ausgewiesenen Pioniere, die die Floß Brücke (Brücke über die Elbe, rechter Bildrand) und die Schiffsbrücken (rechter Bildrand, oben) errichteten. Die Soldaten aller Waffengattungen campierten in bewachten mit Zelten versehenen Lagern. Hinzu kommen die schon seit der Antike üblichen „Informations- und Befehlsträger“, die Trompeter.  Bei der Darstellung der Bewaffnung der Infanterie wird zwischen den Gewehr- und Lanzenträgern unterschieden. Der Feuerbereich und die Reichweite sowohl der Belagerungs- als auch der Festungsartillerie sind eingezeichnet.
Bemerkenswert ist der nahe der Floßbrücke gelegene Artilleriepark, der rundum bewacht ist und stadtseitig durch eine mit Kanonen bestückte Batterie geschützt wird. Die Batterien sind alle gleich dargestellt: kleine von einem Wall umschlossene Schanzen mit jeweils drei Kanonen, über deren Brustwehr geschossen wird. Die Artilleristen waren in einem gleichfalls mit Zelten versehenen Lager
stationiert. Zwischen den aufgereihten Kanonen und dem dazugehörenden Fuhrpark bestehend aus zweiachsigen Deichselfahrzeugen sind die Behältnisse für Munition und Bedienungsgerätschaften zu sehen.
Bemerkenswert ist weiterhin die Floß Brücke. Sie verbindet die Lager auf der rechten und linken Flussseite über einen breiten vorher dort nicht vorhandenen Weg miteinander. Bewegliche Flussbrücken gehören zur Kriegsführung des 30jährigen Krieges. Nur durch sie war eine effektive Totaleinschließung einer an einem Flusslauf gelegenen Festung möglich. Der Begriff Floßbrücke ist bis heute ein Fachbegriff. Sie werden aus miteinander verbundenen Baumstämmen, die im Fluss verankert sind, errichtet. Dass die Stämme im Biederitzer Busch, einem nahegelegenen Waldstück, geschlagen wurden, ist zu vermuten. Dass eine Floßbrücke an dieser Stelle eine Herausforderung hinsichtlich ihrer Errichtung als auch Unterhaltung war, darf bei der beträchtlichen Strömung der Elbe an dieser Stelle unterstellt werden. Schließlich durfte die Brücke nicht „fortschwimmen“. Zu beachten sind die in der oberen rechten Ecke eingezeichneten über Elbarme hinwegführenden Schiffsbrücken. Es kann vermutet werden, dass die Kursachsen in der Lage waren, von der Oberelbe die Schiffskörper anzutransportieren, während solche elbabwärts nicht zur Verfügung standen.
Die Angriffsform nähert sich der mathematisch exakt geplanten förmlichen Belagerung an, die seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert angewandt wurde. Über die Richtung wechselnde Laufgräben, als Approchen bezeichnet, wird die Annäherung an die Festungswerke vollzogen und zwar so, dass durch die Parallelität zu den Wällen die Wirkung der Festungsartillerie verringert wird. Die äußeren Approchen liegen dabei außerhalb der Reichweite der Festungsartillerie. Auch die Truppenbewegungen der Belagerer (siehe obere rechte Bildhälfte) vollziehen sich außerhalb ihrer Schussweite. Hier wird diese nach der Einnahme der Zollschanze durch die Belagerer gekennzeichnet.
Die Schussrichtung der Belagerungsartillerie ist auf jene Bereiche der Werke gerichtet, die für einen Sturmangriff vorgesehen sind, also „sturmreif zu schießen“ waren, bzw. deren Artillerie ausgeschaltet werden sollte.
Exakt ist die frühmittelalterliche Befestigung Magdeburgs aus der Mitte der 16. Jahrhunderts dargestellt, auch wenn bei der Stadtmauer - nunmehr innere Zwingermauer - die mittelalterlichen Wehrtürme weggelassen wurden. Der Ausbau der Bastionen Großer Gebhard und Neues Werk von 1629/1631 ist dagegen ebenso berücksichtig wie das neu angelegte Hornwerk vor dem Krökentor. Die Zollschanze, der ostelbische Brückenkopf, ist auf dem Plan bereits in die Hände der kaiserlichen Belagerer gefallen. Die elbseitige Kehle ist verstärkt worden und Infanteristen stehen hinter dem Wall zum Angriff bereit. Bei der Räumung der Schanze wurde wie dargestellt der Brückenaufbau der Langen Brücke abgeworfen.
Beachtenswert ist die in der Neuzeit üblich gewordene Festungskriegsführung. War die aussichtsreiche Verteidigung einer Festung aus verschiedenen Gründen nicht mehr zu gewährleisten, wurde sie an den Belagerer auf der Basis eines ausgehandelten Vertrages übergeben. Hier ist der freie Abzug der Schweden mit ihren Fahnen und Waffen am unteren Bildrand dargestellt. Es ist zu sehen, wie symbolisch eine Kanone von acht Pferden gezogen abtransportiert wird.  Ein von vier Pferden gezogenen Bagagewagen folgt. In einer Kutsche sitzt wohl der schwedische Kommandant. Den Auszug schließen unbewaffnete Zivilisten ab, die wohl die Belastungen durch die neue Besatzung nicht nachkommen konnten. Während des schwedischen Abzuges erfolgt der Einzug der Churfürstliche(n) in die Stadt.                        bm
Plankopie von 1636
Festungs- und Belagerungsplan von 1636